Grüne Fassaden als natürliche Klimaanlagen – bis zu 13°C kühler

150 GRÜNE HÄUSER IM KAMPF GEGEN HITZEINSELN WIENER GRÜNFASSADEN-MODUL BERTA AB JETZT IM PRAXISTEST

BeRTA: So heißt das extra für Wien entwickelte Grünfassaden-Modul, das in Kürze die ersten 50 Wände in Favoriten grün werden lässt.

Umweltstadträtin Ulli Sima, Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal und der Favoritner Bezirksvorsteher Marcus Franz haben sich von den Vorzügen des Modells BeRTA („Begrünung – Rankhilfe – Trog – All-in-One“) überzeugt. „Die durch den Klimawandel verursachten Hitzeinseln sind eine Belastung für viele Menschen, vor allem im stark verbauten Gebiet, und so setzen wir eine Vielzahl von cooling-off-Maßnahmen in allen Bezirken. Es gibt ein Sonderbudget von 2,3 Mio. Euro für heuer und das Jahr 2020, mit dem wir die Bezirke bei der Errichtung von Nebelduschen, Wasserspielen oder der Pflanzung von Bäumen unterstützen“, so Sima. Zur Kühlung in der Stadt tragen besonders die Grünräume und die begrünten Fassaden bei, die als natürliche Klimaanlage wirken. „Wir verdreifachen daher die Anzahl der begrünten Fassaden auf 150 in den nächsten beiden Jahren“, so Umweltstadträtin Ulli Sima.

„Erderwärmung und Klimawandel stellen uns vor Herausforderungen, auf die wir im Wohnbau reagieren müssen. Begrünte Fassaden sind ein Schritt in die richtige Richtung, weil sie die Luft verbessern und dafür sorgen, dass die Wohnungstemperaturen in den heißen Sommermonaten weniger stark steigen. Und schön sind sie obendrein“, so Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal. „Ich freue mich, dass Innerfavoriten als Zielgebiet für die ersten 50 grünen Häuser ausgewählt wurde und erhoffe mir eine höhere Aufenthaltsqualität an öffentlichen Plätzen und ein noch cooleres Grätzl“, so Bezirksvorsteher Marcus Franz.

Die Einreichfrist für die ersten 50 kostenlosen BeRTA-Module ist beendet.
Interessierte können ihre Daten aber weiterhin eintragen und ab Herbst 2019 Module erwerben, die von der Stadt Wien gefördert werden.Der brandneue Prototyp kann ab sofort in der Buchengasse 77 im 10. Bezirk betrachtet werden. Als Projektbeteiligte setzt die Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22) damit einen innovativen Anreiz für ein breites Roll-Out von straßenseitiger Fassadenbegrünung.

Die Stadt Wien selbst geht mit gutem Beispiel voran – so wurden etwa die Zentralen der MA 48
und der MA 31 mit begrünten Fassaden ausgestattet. Das neue kostengünstige Grünfassaden-Modul verhilft vor allem in dichtverbauten Gebieten zu einer naturnahen und kühleren Umgebung mit mehr Grünraum und leistet damit einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen urbane Hitzeinseln: Die Pflanzen senken die gefühlte Temperatur in der Straße um bis zu 13°C.

Das BeRTA-Grünfassaden-Modul
Der modulare Aufbau von BeRTA sorgt für universelle Anwendbarkeit. Ein Basismodul besteht aus einem Pflanzgefäß, Substrat, einer Rankhilfe und zwei Kletterpflanzen. Die einzelnen Bestandteile werden nach individuellen Gegebenheiten des Gebäudes vom Team „50 Grüne Häuser“ aufeinander abgestimmt und können individuell erweitert werden. Dabei wird Wert auf die Verwendung langlebiger und ökologischer Materialien gelegt.
Begrünung: Welche Pflanzen geeignet sind, hängt von der Himmelsrichtung und dem Standort ab. Je nach Ausrichtung und Verfügbarkeit kommen unterschiedliche Kletterpflanzen zum Einsatz – zum Beispiel die auffällige Pfeifenwinde, der im Winter blühende und duftende Jasmin oder der von selbst klimmende Wilde Wein, der keine Rankhilfe benötigt. Dabei werden Pflanzen verwendet, die bereits vorgezogen sind und mit einer Ausgangshöhe von rund 2,5 Metern gepflanzt werden. Einige Arten haben einen jährlichen Zuwachs von bis zu zwei Metern und mehr. Pro Trog werden zwei Stück Pflanzen gesetzt.
Rankhilfe: Damit eine Kletterpflanze am Gebäude wachsen kann, wird je nach Pflanzenart die passende Rankhilfe benötigt. Seile oder Netze als Kletterhilfe sind flexibel in der Anwendung. Fix angebrachte Gitter eignen sich hingegen für hohe statische Belastungen bzw. Fassaden mit Wärmedämmverbundsystemen und sind wartungsärmer. Wenn keine fixe Rankhilfe an der Fassade befestigt werden kann, muss nicht auf Begrünung verzichten werden. Je nach Fassadenbeschaffenheit kommen selbststehende, mit dem Trog verbundene Rankgitter oder selbstklimmende Kletterpflanzen, die direkt an der Fassade wachsen, zum Einsatz.
Trog: Der ca. 40 cm tiefe und 80 cm hohe Trog mit ca. 300 Liter Fassungsvermögen bildet die Basis. Im Inneren des Troges befindet sich der Wurzellebensraum, der durch seinen Schichtaufbau dafür sorgt, dass die Pflanzen über Jahre hinweg verlässliche Bedingungen vorfinden. Im Vegetationssubstrat erhalten die Wurzeln die Nährstoffe. Drainage und Wasserspeicher sorgen dafür, dass der Trog nicht überläuft und ein Wasservorrat zur Verfügung steht. Der Wasserpegel lässt sich von außen überprüfen. Der Trog selbst ist u. a. frostsicher, witterungs- und feuerbeständig, einfach zu reinigen und hält so den möglichen Belastungen im öffentlichen Raum langfristig stand.
All-in-One: Die Besonderheit von BeRTA: Das Modul bietet ideal aufeinander abgestimmte und flexibel an den Standort angepasste Komponenten. BeRTA ist ein Systemkonzept, das unterschiedlichen Herstellern die Möglichkeit bietet, ihre Komponenten als Teil eines abgestimmten Gesamtsystems zu vertreiben. EndkonsumentInnen profitieren vom geringen Planungsaufwand und der hohen Sicherheit der System-Funktionalität.
Erweiterungen: Individualismus – aber für alle um noch stärker auf die individuellen Bedürfnisse und klimatischen Gegebenheiten einzugehen, werden mehrere Erweiterungen für BeRTA entwickelt. Diese Zusatzausstattungen umfassen neben der Skalierung des Moduls auf eine größere Fläche auch automatische Bewässerungsanlagen in unterschiedlichen Ausführungen, eine Schrägblende, die die Pflanzen vor Unrat oder Eingriffen schützt, sowie Sitzgelegenheiten. Für Selbstklimmer können Überwuchsleisten aus Metall zum Einsatz kommen, die den Wuchs begrenzen.

Pflege, Wartung und Kosten
Pflanzen brauchen Pflege, um optimal gedeihen zu können. Der Pflegeaufwand ist von der Pflanze und dem gewünschten Erscheinungsbild abhängig. Die laufende Pflege kann durch HausbewohnerInnen erfolgen: Aufgrund des Wasserspeichers ist das Gießen auch in heißen Sommern nur 1-2 x wöchentlich erforderlich. Eine professionelle Wartung mit Kontrolle und Rückschnitt wird mindestens einmal jährlich empfohlen. Das Basismodul sorgt je nach Pflanzenauswahl für rund acht Quadratmeter Begrünung. Die laufenden Kosten für Wasser und professionelle Wartung werden von der jeweiligen Hausgemeinschaft gemeinsam getragen. Details dazu finden sich auch online auf www.50gh.at/berta

Praxisorientierter Entwicklungsprozess
BeRTA wird im Rahmen des Forschungsprojektes „50 grüne Häuser“ gefördert und durch das BMVIT entwickelt. An dem Projekt ist ein interdisziplinäres Team aus Stadtverwaltung, Unternehmen und Wissenschaft beteiligt. Im Vorfeld wurden rund 100 Interviews mit EigentümerInnen und BewohnerInnen geführt, um Bedürfnisse und Voraussetzungen für Fassadenbegrünungen zu erheben, die im neu entwickelten Modul berücksichtigt wurden. Der Name BeRTA entstand im Rahmen eines Ideenwettbewerbs aus über 300 Einreichungen.
Nach Realisierung und Evaluierung des Pilotprojekts in Favoriten soll BeRTA im gesamten Stadtgebiet zum Einsatz kommen.

Projektbeteiligte 50 grüne Häuser:

  • tatwort – Nachhaltige Projekte GmbH (Konsortialführung)
  • DIE UMWELTBERATUNG
  • GRÜNSTATTGRAU Forschungs- und Innovations- GmbH
  • MA 22 – Wiener Umweltschutzabteilung
  • Universität für Bodenkultur, Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau (IBLB), Department für Bautechnik und Naturgefahren

Das Projekt „50 grüne Häuser“ ist Teil von „Stadt der Zukunft“, dem Forschungs- und Technologieprogramm des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie. Es wird im Auftrag des BMVIT von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft gemeinsam mit der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH und der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) umgesetzt.

 

Bildquelle: David Bohmann,Isabell Mühlbauer