Lärmminderung durch Gebäudebegrünung

Dach- und Fassadenbegrünungen sind in aller Munde – als eine der effektivsten Maßnahmen, um dem Klimawandel und seinen Folgen entgegenzuwirken. Begrünte Dächer, Fassaden und Wände vereinen viele positive Eigenschaften – unter anderem Schallschutz und Lärmminderung.

Diese unterschätzten Funktionen gehören zwar meist nicht zu den Top-Argumenten, jedoch gewinnen sie aufgrund der immer stärker wachsenden Städte und der damit einhergehenden Zunahme des Straßen- und Flugverkehrs zunehmend an Bedeutung. Mittlerweile sieht sich sogar die Politik in der Pflicht und hat im Koalitionsvertrag vereinbart, den Lärmschutz zu verbessern und auszuweiten und sieht dies als ein wichtiges Aufgabenfeld der Umweltpolitik. Verkehrslärm führte nach Abschätzung der WHO in Westeuropa pro Jahr zum Verlust von über einer Million gesunden Lebensjahren durch Erkrankung, Behinderung oder vorzeitigen Tod. Lärm verursacht nicht nur Belästigung und Unterbrechung des Schlafs, sondern auch Herzinfarkte, Lernstörungen und Tinnitus.

Maßnahmen zur Lärmminderung
Vereinfacht beschrieben gibt es drei Möglichkeiten des Lärmschutzes:

  • Lärm am Entstehungsort begrenzen.
  • Abschirmung und Minderung der Schallausbreitung, beispielsweise durch Lärmschutzwände. Hier können begrünte Wände, Fassaden und Dächer zugeordnet werden.
  • Passiver Schallschutz, beispielsweise durch Schallschutzfenster.
  • Eine effektive Lärmminderung lässt sich am besten im Rahmen von Planungsprozessen gewährleisten. Bei der städtebaulichen Planung ist die Berücksichtigung des Schallschutzes Pflicht. Wird der Lärmschutz dabei nicht ausreichend beachtet, kann er nachträglich meist nur mit hohen Folgekosten erreicht werden.

Dachbegrünungen
Dachbegrünungen wirken grundsätzlich lärmmindernd über ihre Schallabsorption und die Minderung der Schallreflexion. Die Höhe der Schallabsorption ist abhängig vom Gründachaufbau (Materialeigenschaften und Masse vor allem von Vegetationstragschicht und Dränschicht); die Schallreflexion wird beeinflusst durch die Vegetationstragschicht und vor allem durch Vegetationsstruktur und ihrem Deckungsgrad.

Kolb gibt für die Minderung des Reflexionsschalls Werte von 2-12 dB(A) an. Für die Schallabsorption nennt er die Größenordnung von 3-46 dB(A). Interessant ist seine Kommentierung dazu: „… dass eine Verminderung von 3 dB(A)
eine Reduktion der Schallenergie um 50 % bedeutet. Bei einer Minderung um 10 dB(A) reduziert sich die Schallenergie um 90 %, was etwa als Hälfte der Lautstärke empfunden wird.“ Linke hat in seiner Masterarbeit „Gebäudebegrünung als Lärmschutzmaßnahme im innerstädtischen Raum – Welchen Beitrag können Dach- und Fassadenbegrünungen zum Lärmschutz leisten?“ verschiedene Untersuchungen zusammengetragen. So stellte Lagström eine Reduzierung durch ein Gründach gegenüber einem unbegrünten Dach von 8 dB und mehr fest. Einige Dachbegrünungssystemanbieter haben Produkt- und Systemlösungen im Programm, die trittschalldämmende Eigenschaften aufweisen, die den Körperschall bei Nutzung von Dachterrassen von bis zu 35 dB(A) mindern. Kernstück der Aufbauten sind in der Regel Vliese – bei den Schalldämmmessungen werden allerdings Gesamtaufbauten für Dachterrassen geprüft.

Fassadenbegrünungen
Im Vergleich zur Dachbegrünung gibt es deutlich mehr Berichte zu „Lärmminderung bei Fassadenbegrünungen“, allerdings wurden wie beim Dach fast alle (neueren) Untersuchungen im Ausland durchgeführt. In der Regel beziehen sich die Aussagen auf bodengebundene Fassadenbegrünungen, zu denen schon in früheren Jahren Untersuchungen durchgeführt wurden. Schlößer beschreibt unter anderem bei ihrer Bevölkerungsumfrage die Wirkungen bodengebundener Fassadenbegrünungen: „In vielen Veröffentlichungen wird betont, dass Fassadengrün einen Beitrag zum Lärmschutz leistet. Dabei soll der Lärmpegel durch Schallreflexion und -absorption des Blattwerks gedämpft werden. […] Der Schallminderung durch Fassadengrün werden Werte von 2-6 dB(A) zugeschrieben.“

Köhler und Milbrandt führten an der Hochschule Neubrandenburg vergleichende Untersuchungen und Schallmessungen verschiedener wandgebundener Fassadenbegrünungssysteme und unbegrünter Holz-, Klinker- und Glasfassaden durch. Die Ergebnisse zeigten, dass die begrünten Fassaden im Durchschnitt eine Lärmminderung von etwa 5 dB(A) bewirkten.

Dettmar, Pfoser und Sieber haben in dem „Gutachten Fassadenbegrünung. Vorschlag für Zweck, Umfang und Gebietskulisse einer finanziellen Förderung von quartiersorientierten Unterstützungsansätzen von Fassadenbegrünungen“ Untersuchungen zur Lärmminderung angeführt: Bodengebundener Wilder Wein bewirkte eine Lärmminderung von 1,7-4,0 dB(A) und eine wandgebunden Fassadenbegrünung von 2,7 dB(A). Interessant auch der Vergleich der wandgebundenen Begrünung am Museé Quai Branly in Paris mit der schallharten Natursteinfassade des Nachbargebäudes – mit dem Ergebnis, dass die Lautstärke durch Schallabsorption und Schalldiffusion um 5 dB(A) gemindert wurde.

 

Bildquelle: BuGG